Erfolgreiches Pilotprojekt „Amateurfunk – eine praxisnahe Einführung“
2-Tages-Workshop rund um das faszinierende Hobby „Amateurfunk“ mit den angehenden Multimediaelektronikern der Berufsschule Chur am MO, 4. und DI, 5. April bei René, HB9NBG und Carine, HB9FZC
René Lutz, HB9NBG + Carine Kalbermatten, HB9FZC
Carine und ich unterhalten uns während unserer Wanderungen oftmals über dies und das – unser Hobby und seit 2015 auch neues geschäftliches Tätigkeitsfeld „Amateurfunk“ kommt dabei sehr oft zur Sprache.
Multimediaelektroniker-Lehre als Sprungbrett in die faszinierende Welt des Amateurfunks
Ich selber hatte kurz vor Antritt meiner Lehre zum Audio- und Videoelektroniker vor rund 27 Jahren den damaligen Amateurfunkkurs in Basel bei HB9DU und HB9DKQ begonnen. Der Stoff, den wir im bereits damals recht kompakt aufbereiteten Kurs vermittelt bekommen hatten, deckte sich in weiten Teilen mit dem Inhalt der beiden Fächer „Elektrotechnik“ und „Elektronik“ in meinen ersten beiden Berufsschuljahren. Carine und mir kam deshalb der Gedanke, dass wohl auch Multimediaelektroniker-Lehrlingen von heute in der Berufsschule die Theorie vermittelt würde, die sie zum Erlangen der CEPT-Lizenz benötigen. Urs Gredig, Lehrer der Multimediaelektroniker-Klassen an der Berufsschule Chur hatte sich diese Gedanken Ende 2015 unabhängig von uns ebenfalls gemacht und entschieden, die HB9-Prüfung für seine Multimedia-elektroniker-Lehrlinge kurzerhand als Pflichtteil und quasi Zwischenprüfung nach dem 1. Lehrjahr in den Lehrplan aufzunehmen.
Das Feuer sollte entfacht werden
Das Erlernen der Grundlagen in Elektrotechnik und Elektronik ist das eine – das angeeignete Wissen in der Praxis anzuwenden für viele Prüfungsabsolventen oftmals aber zu Beginn nicht ganz simpel. Diese Erfahrung machen Carine und ich auch immer wieder bei der Beratung von „frischgebackenen“ Funkama-teuren in unserem Funkshop. Oftmals fehlt das nötige Umfeld, um im neuen Hobby dann wirklich auch voll durchstarten zu können, und so kommt es sogar vor, dass die Lizenz zwar sehr erfolgreich erworben wird, der Newcomer aber nie denn Schritt wagt, die PTT-Taste an seinem Mikrofon zu drücken. Diese Gedanken hatte sich auch Urs Gredig gemacht, und er hatte uns deshalb Ende 2015 angefragt, ob wir in unserem Funkshop und Demoshack seinen Berufsschülern die faszinierenden Möglichkeiten, die unser Hobby einem technikinteressierten Menschen bietet, in einem praxis-bezogenen Workshop näher bringen könnten. Das Ziel dabei war es den Berufsschülern aufzuzeigen, warum es sich lohnt für die Prüfung zu lernen ;-). In Anbetracht der Gedanken, die Carine und ich uns bezüglich „Rekrutierung von Nachwuchs“ ja auch schon gemacht hatten, waren wir sofort „Feuer und Flamme“ J.
Ein Workshop, der begeistern soll
Die Anforderung war klar: Wir wollten mit unserer eigenen Begeisterung für das äusserst vielfältige Hobby des Funkamateurs den Funken auf die jungen Berufsleute springen lassen und das Feuer bei ihnen entfachen. Es war uns klar, dass man angehende Multimediaelektroniker, die sich täglich mit IT- und Netzwerkinstallationen, schnellem Internet, Facebook und Twitter beschäftigen, nicht mit trockener Theorie und blumigen Erläuterungen für unser Hobby gewinnen kann. Es war deshalb ein wichtiges Anliegen von uns, dass die Workshop-Teilnehmer auch selber auf Sendung gehen und dazu unser topaktuelles Equipment nutzen dürfen.
Nachdem das BAKOM uns auf Carine’s Anfrage die gewünschte Sonderbewilligung sehr unkompliziert zur Verfügung gestellt hatte, stand einem spannenden Workshop nichts mehr im Weg.
Theorie und Praxis
Die Berufsschüler der beiden Klassen aus Chur werden ihre HB9-Prüfung im Juni absolvieren. Im regulären Berufsschulunterricht wurde das Hauptgewicht bisher auf die Vermittlung der Grundlagen in Elektrotechnik und Elektronik gelegt – HF-Technik und spezifische Themen wie beispielsweise Sender- und Empfängertechnik, Modulationsarten usw. kommen im aktuellen Lehrplan leider nicht mehr detailliert zur Sprache. Wir hatten uns deshalb im Vorfeld des Kurses dafür entschieden, dass die beiden Berufsschullehrer Urs Gredig und Patric Rupp einen Teil der Workshop-Absolventen in den Räumlichkeiten unserer Heim-elektronik-Abteilung in der Theorie zu den angesprochenen Themen unterrichten, während Carine und ich jeweils den anderen Teil der „Truppe“ praxisnah in die Geheimnisse der Amateurfunktechnik einführen.
Carine und ich dürfen sehr oft Newcomer bei uns im Funkshop begrüssen, die frischgebacken und oftmals direkt nach Absolvieren der Prüfung bei uns „herein-schauen“, um sich mit unserer Unterstützung etwas im neuen Hobby zu orientieren – das „Theoriepauken“ für die Prüfung haben sie jeweils schon hinter sich. Wir wollten deshalb ganz bewusst in „unserem Teil“ einen Workshop erarbeiten, den wir auch zukünftig für eine spannende und lehrreiche Einführung von Newcomern in die Grundlagen des Amateurfunkbetriebs nutzen können.
Hier ein Auszug aus der „Agenda“, die wir für den Praxisteil zusammengestellt haben:
- Faszination Amateurfunk: Eine grenzenlose Spielwiese für Technikinteressierte
- Prüfung bestanden – wie weiter?
- Frequenzbereiche und ihre Eigenheiten – Zusammenfassung
- HF-Kabelverbindungen
- Gebräuchliche 50Ohm – Verbinder
- Messen und Abstimmen
- Anschlussimpedanzen und deren Anpassung
- Anpassung mit Antennentunern
- Effizienz einer Antenne
- Das S-Meter
- Stromversorgung von Amateurfunkanlagen
- Der PC im Shack
- Amateurfunk – vielfältig wie kein anderes Hobby:
- Simplexbetrieb in FM – vielfach der Beginn einer faszinierenden Amateurfunk-Karriere
- Relais-Funkbetrieb über FM/C4FM/D-STAR/DMR
- Satellitenfunk – Amateurfunkkontakte ins All
- KW – „grand old lady“ unter den Amateurfunk-Bändern
Nach der Übergabe der Kursunterlagen als Dossier in Booklet-Format wurde den Workshop-Teilnehmern in einem kurzen Rundgang durch den Shop gezeigt, „was ein Funkamateur so braucht“. Danach gings in den Demoshack.
Leider war die sehr schlechte Propagation auf sämtlichen KW-Bändern am ersten Kurstag nicht ausgesprochen hilfreich, den Teilnehmern aufzuzeigen, wie man mit einfachen Mitteln mit Gleichgesinnten rund um den Erdball in Verbindung treten kann.
Sehr interessiert konnten die Berufsschüler dafür verfolgen, wie man mit Hilfe eines Azimuth-/Elevationsrotors mit den 2m- und 70cm-Yagis der Flugbahn eines Satelliten folgen kann. Der sehr kurze Überflug des FO-29 erlaubte es hier allerdings nicht, auch ein Demo-QSO zu fahren über den Satelliten – zuviel war dabei zur Betriebstechnik zu erklären. Die Empfangssignale waren gut.
Welche Antenne für welchen Zweck?
Die Antenne entscheidet oftmals darüber, ob ein QSO zustande kommt, oder ob es halt nicht dazu reicht. Grund genug für uns dem Thema „Antenne“ in unserem Workshop die Beachtung zu schenken, die ihm gebührt. Anhand unserer eigenen Antenneneinrichtungen haben wir den angehenden Funkamateuren den Zusammen-hang zwischen Wellenlänge und Antennengrösse bildlich nähergebracht, und ihnen Lösungen – auch für „Antennengeschädigte“ aufgezeigt, mit denen sie trotz beengter Platzverhältnisse bei entsprechenden Ausbreitungsbedingungen Funkverbindungen in ferne Länder tätigen können.
Staunende Gesichter rief unser Vergleich verschiedener Portabel-Antennenlösungen hervor. Als es uns gelang mit einem Monoband-Dipol, bestehend aus zwei Stück Kupferlitze und einem kleinen Strombalun – inverted V auf einem leichten Fiberglasmast aufgezogen – und dem FT-817ND mit lediglich 2.5W Sendeleistung eine Verbindung mit einem OM in Polen in „Rundfunk-Audioqualität“ zu führen, konnten wir auch glaubhaft aufzeigen, dass mit Amateurfunk tatsächlich auch beim Einsatz einfachster Mittel und unabhängig von Providern – beispielsweise in Katastrophensituationen -die Kommunikation auch über grössere Entfernungen aufrecht erhalten werden kann.
Nach einem kräftigenden Mittagessen mit Bratwurst vom Grill ging es am Nachmittag des zweiten Tages „in die letzte Runde“…
…Nun durften die Berufsschüler endlich selber ans Mikrofon. Die Bedingungen am zweiten Tag waren noch immer nicht wirklich gut aber doch deutlich besser als am Montag. Mit RC55GC war sogar eine Russisches „Special-Event-Call“ in der Luft. Die Möglichkeit mit dem Russischen OM zu sprechen – der Pegel des Empfangssignals lag bei S9+20 – liess den Funken schliesslich endgültig zu den werdenden Funkamateuren überspringen :-).
Fazit
Es macht Freude zu sehen, dass sich selbst „digital natives“ von der Amateurfunkkommunikation begeistern und vom HF-Virus infizieren lassen. Der Entschluss von Urs Gredig, bei seinen Berufsschülern der Multimediaelektroniker-Klassen die HB9-Prüfung zum Pflichtteil des Unterrichts zu machen, ist eine sehr begrüssenswerte Sache und verdient grosses Lob. Wir freuen uns sehr, dass wir Urs Gredig mit unserem Workshop dabei tatkräftig unterstützen dürfen und so auch unseren Beitrag zur Rekrutierung von Nachwuchs und zur Erhaltung unseres begeisternden Hobbys beitragen zu können.
Wir wünschen den Berufsschülern aus Chur viel Erfolg bei ihrer HB9-Prüfung und freuen uns darauf sie schon bald im Kreise der Schweizer Funkamateure begrüssen zu dürfen :-).
Amateurfunk – ein faszinierendes Hobby für Leute mit Interesse an Elektronik
Bei unserer täglichen Arbeit „an der Front“ als Heimelektronikfachhändler machen Carine und ich die Erfahrung, dass sich grundsätzlich sehr viele technikinteressierte unter der Bevölkerung für das Hobby des Funkamateurs gewinnen liessen aber schlichtweg nicht wissen, was Amateurfunk bedeutet und dass das faszinierende Betätigungsfeld überhaupt existiert. Es schlummert definitiv sehr viel Potenzial in der Gesellschaft, das nur darauf wartet, geweckt zu werden :-).
In unserem Geschäft haben Carine und ich die Heimelektronik- und die Amateurfunkabteilung räumlich getrennt. Im Heimelektronikladen haben wir allerdings eine Ecke eingerichtet, in der wir unsere Heimelektronikkunden für das Thema Amateurfunk sensibilisieren möchten.
Mit kleinen „Elektronik-Einstiegsbaukästen“, einem FT-726 mit vielen Knöpfen, Schaltern und einem Handmikrofon, den neuen Flyern der USKA zum Thema Amateurfunk und einer kleinen QSL-Wand mit Karten unserer Kunden möchten wir die Aufmerksamkeit der interessierten „Heimelektronik-Kundschaft“ auf unser Tätigkeitsfeld als Amateurfunk-Fachhändler lenken. Mit einer anschliessenden Vorführung in unserem Demoshack konnten wir schliesslich schon einige Interessenten für unser faszinierendes Hobby gewinnen.
Hier können Sie den Bericht des Events auch als PDF-Datei herunterladen.
Workshops für Prüfungsabgänger und Newcomer
In Beratungsgesprächen mit Newcomern kommt oftmals zum Ausdruck, dass eine „praxisnahe Einführung“ in das vielfältige Hobby des Funkamateurs ein verbreitets Bedürfnis unter Neueinsteigern in unser Hobby darstellt. Carine und ich haben uns deshalb entschlossen, unseren Workshop „Amateurfunk – eine praxisnahe Einführung“ mit unseren Erkenntnissen aus dem Pilotprojekt mit der Berufsschule Chur zu überarbeiten und leicht anzupassen und bieten unseren Workshop ab Herbst 2016 auch offiziell als 1-Tages-Workshop für Newcomer und Wiedereinsteiger an. Detaillierte Informationen dazu finden Sie in unserer Rubrik Aus- und Weiterbildung.